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Otloh von St. Emmeram: Autor und Kopist

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Otloh von St. Emmeram und seine Autobiographie

Otloh von St. Emmeram hat die Aufmerksamkeit der Gelehrten wegen der autobiographischen Komponente vieler seiner Schriften, seiner hervorragenden Fähigkeiten als Kopist und seiner Streitigkeiten mit seinem monastischen Umfeld und kirchlichen Autoritäten auf sich gezogen. Dieser eigenwillige Autor und Schreiber hat im Laufe des 20. Jahrhunderts wachsendes und zunehmend internationales Interesse gefunden. Waren die ersten Studien zu ihm in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts theologisch und philosophiegeschichtlich orientiert, so mehrten sich ab etwa 1970 Untersuchungen zu autobiographischen, psychohistorischen und mentalitätsgeschichtlichen Aspekten seines Werks. Mit der 'mentalitätsgeschichtlichen Wende' wurde Otloh zu einem Thema der internationalen Mediävistik, über das außer in deutscher, auch in italienischer, französischer und englischer Sprache publiziert wurde.

Ein deutlicher Schwerpunkt der Forschung liegt zweifellos auf dem autobiographischen Teil mancher Werke Otlohs, insbesondere dem Liber de temptatione cuiusdam monachi, in dem er seinen schwierigen Weg zum Mönchtum und im Kloster schildert; der Liber bildet das Ende seiner literarischen Tätigkeit und stammt nach neuerer Datierung aus den Jahren 1069/1070. Dadurch entstand das Bild eines Mönchs, den offensichtlich ein innerer Zwiespalt plagte, nicht zuletzt wegen seiner starken Persönlichkeit, die dem monastischen Umfeld, dem er ja selbst angehörte, sehr kritisch gegenüberstand. Otloh wurde mit psychologischen und psychoanalytischen Ansätzen sowie soziologisch in Zusammenhang mit der Etablierung eines Individualitätskonzeptes im 11. Jahrhundert untersucht, während die umstrittene Definition Otlohs als 'Antidialektiker' und sein spezifisches Verhältnis zu den sieben freien Künsten, mit denen er als Lehrer in der Klosterschule befasst war, aus einem philosophischen Blickwinkel betrachtet wurden. Da sich die autobiographische Komponente durch das gesamte Schaffen Otlohs zieht, können bei einem chronologischen Durchgang durch sein Œuvre Brüche und Widersprüche aufgedeckt werden, die er schreibend zu bewältigen und letztlich zu harmonisieren suchte.

In seinem Liber de temptatione cuiusdam monachi berichtet Otloh selbst ausführlich über seine Tätigkeit als Autor und Kopist. Gleichzeitig macht er auch viele weitere Details über sein Leben bekannt. Im Folgenden werden Auszüge aus dem Liber de temptatione cuiusdam monachi nach der deutschen Übersetzung von Sabine Gäbe, Otloh von St. Emmeram, Liber de temptatione cuiusdam monachi. Untersuchung, kritische Edition und Übersetzung (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters 29). Bern et al. 1999, daher direkt transkribiert.